Wednesday, November 16, 2016

Endstation!

Vor rund zwei Jahren hatte ich das Glück, gleich ein paar Monate am Nabel der frankophonen Welt zu verbringen. Paris war mein Zuhause weg von Daheim. Ich war also dort, wo andere bloss ein paar Stunden oder mit viel Glück ein paar Tage Zeit haben.

Paris in ein paar Stunden gesehen haben? Das reicht für ein paar Touristenhochburgen, aber nicht für das volle Programm. Wie überall auf der Welt empfiehlt es sich auch in Paris, in den Alltag einzutauchen, um alle Facetten dieser nicht enden wollenden Stadt kennen zu lernen. Während manch einer vom französischen Essen und den hübschen Mädchen schwärmt, sind andere Pariser Gegebenheiten viel eher als Plage einzuordnen.


Eine dieser Plagen ist die Musik. Nicht die Musik allgemein, sondern jene in der fahrenden Metro. Im Gegensatz zu den (vom Betreiber) organisierten Musikanten in den Gängen sind jene in den Zügen wild unterwegs. Sie haben keine Bewilligung und allzu oft wohl auch keine Ahnung, was sie da gerade spielen - oder noch schlimmer - singen. In den Worten altbackener Eltern: Organisierter Lärm.


Wer von dem schaukelnden Gefährt oder den unvorsichtigen Mitfahrern quer durch die Metro geschleudert wird hat ohnehin meistens nicht die Gelegenheit, eine gepflegte Konversation zu führen. Dies funktioniert eigentlich fast nur in Form einer innigen Umarmung. Was nun, wenn man alleine unterwegs sein sollte? Musik übers Handy ist durchaus eine gängige Option, aber gegen das Getröte im Wagen kommen zumindest die einfacheren handelsüblichen Kopfhörer nicht an.

Ausnahmen bestätigen die Regel. Alle paar Wochen einmal konnte ich mich dabei ertappen, wie ich mit dem Gebotenen im Gefährt mitging. Eines Abends, auf dem Weg zu einer rauschenden Fete im Domizil eines österreichischen Kollegen, kam es gar so weit, dass niemand mehr aussteigen wollte. Die Musik, der Gesang, die Intrige, der Moment war zu interessant für alle Mitfahrer, dass sie das Drumherum für ein paar Minuten völlig vergassen. Dass selbiges in der Metro aus Mauern, Dreck, Gestank und Dunkelheit besteht war mal kurz Nebensache.


Der Zug bewegte sich einfach nicht mehr weiter und vorne wie hinten stiegen die Leute aus. Warum bloss? Die elektronischen Anzeigen in den Bahnhöfen beschränken sich auf die paar Ziffern, die es benötigt, um anzuzeigen, wann der nächste Zug fährt. Eine Durchsage vom Chauffeur war auch nicht zu hören. So lange nicht, bis dieser höchstpersönlich diese musikalische Seifenblase platzen liess. "Fin de service, tout le monde descendre s'il vous plaît!" - "Endstation, alles aussteigen bitte!"

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